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Zentrale Leitstelle Kreis Bergstraße - Rettungsdienst - Feuerwehr - Katastrophenschutz > Kats-Fortbildung 2007 > 04 Großveranstaltungen  

Kats-Fortbildung 2007: 04 Großveranstaltungen

Titel

04 Großveranstaltungen  

Text

Großveranstaltungen und die Vorbereitung der medizinischen Gefahrenabwehr nahmen einen ganzen Vortragsblock ein. Prof. Wolf Dombrowsky eröffnete diese Vortragsreihe mit der provokanten Fragestellung „Die WM 2006 – nicht Gefahrenabwehr, sondern Polit-Thriller“. Die WM führte zu einer Polarisierung in der Einschätzung der möglichen Gefährdung: Vom befürchteten Terroranschlag bis zum ereignislosen Gegenpol. Während die Weltfußballverband seine enorme politische Durchschlagskraft demonstrierte und mit der WM 2006 eine Vermarktungsmesse initierte, nutzte das DRK als verantwortliche Hilfsorganisation die WM zur Darstellung seines Leistungspotentials und ließ sich von externen Stellen evaluieren. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) stellte eine eigene Risikoanalyse auf, etablierte eine nationale Führungszentrale und ein transparentes nationales Sicherheitskonzept. Dennoch verfiel man nach der WM wieder in das nicht mehr zeitgemäße Alltagsmanagement. Eine Netzwerkanalyse analysierte die Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren der Fußballweltmeisterschaft und offenbarte auch mangelnde Kooperation zugunsten eigener Positionierung.

 

Kritische Töne fand Dombrowsky auch für die Überwachungssystematik der Bürger während der WM, diese „stelle eine Blaupause für das Massenmanagement der Zukunft dar“ – Mautbrücken als Profilgeber der Bürger ?

 

Potential zum Nachdenken vermittelte Dombrowsky auch mit seiner Kritik an einer fehlenden Schutzzieldefinition, welche Ressourcen sind unabdingbar und welche sind Beschaffungshobby?

 

Kritisch analysierten Dr. Thorsten Finteis  und Hansjürgen Hippler vom Regionalverband Darmstadt-Dieburg der JUH in ihrem Vortrag mit Thematik „MANV bei Großveranstaltungen – sind wir ausreichend vorbereitet?“ die Vorbreitungen auf Großveranstaltungen. Die erste Antwort der Referenten lautete: Nein.  Eine Retrospektive Auswertung verschiedener Veranstaltungen ergab, dass nur bei 80% eine Einsatzleitung installiert und Fußstreifen eingerichtet, nur bei 60% ein Einsatztagebuch geführt und der Einsatzverlauf dokumentiert und bei 40% innerhalb der Einsatzleitung Aufgaben delegiert wurden.  Vorplanungen für einen möglichen MANV, hervorgerufen durch menschliches oder technischen Versagen, Panikreaktion oder Terroranschlag fanden nur in 20% der untersuchten Großveranstaltungen statt.

Lösungsansätze für eine bessere Vorausplanung bieten eine saubere Einsatzdokumentation, der Einsatz von Beobachtern und Fachberatern, sowie die Aus- und Weiterbildung von Einsatz- und Führungskräften. Unerlässlich ist eine Aufbau- und Ablauforganisation mit definierten Aufgaben und Zuständigkeiten. Die präzise Evaluierung eines Karnevalsumzugs in einer Kleinstadt (40.000 Besucher, 16.000 Einwohner), erbrachte   unter anderem Kommunikationsdefizite zwischen Helfern und Führungsebene, sowie Unkenntnisse  der Helfer zur Ablauforganisation.   

 

Referentenduo

 

Dr. Harald Genzwürker von der Mannheimer LNA Gruppe stellte in seinem Vortrag „SAP-Arena Mannheim – Organisation der medizinischen Gefahrenabwehr“ gleichsam die medizinische Einsatzvorbereitung für die größte Multifunktionshalle Baden-Württembergs vor. Adäquate Räumlichkeiten für den Sanitätsdienst wurden bei der Planung nicht berücksichtigt. Die Komplexität der baulichen Begebenheiten erschwert die Patientenrettung aus den Rängen.  Nur durch definierte Rettungswege und genaue Ortskenntnis der Rettungskräfte kann dieses Problem kompensiert werden. Positiv hingegen wurde die gemeinsame Einsatzzentrale und die Zusammenarbeit von Polizei, Feuerwehr, Sanitäts- und Sicherheitsdienst bewertet. Durch die Mannheimer LNA Gruppe werden die geplanten Show- und Sportveranstaltungen analysiert, in ihrem Gefährdungspotential eingeordnet und eine Empfehlung zur notfallmedizinischen Absicherung ausgesprochen. Diese Empfehlung findet sich auch im Auflagenbescheid  der Stadt Mannheim an den Veranstalter wieder.

 

Die Evaluierung von 229 Veranstaltungen im Zeitraum von 2005 bis 2007 zeigte, dass durch eine bedarfangepasste Dimensionierung des Sanitätsdienstes nur in seltenen Fällen eine Unterstützung durch den Regelrettungsdienst notwendig ist. Im betrachteten Zeitraum wurden in der Arena 1.476 Erstversorgungen durchgeführt und es fanden 86 Patiententransporte statt.   Einsatzvorbereitend wurden für den MANV unterschiedliche dislozierte Bereitstellungsräume ausgewiesen. Hier wurden die zur SAP-Arena hinführenden Hauptverkehrsstraßen ausgewählt. Feuerwehr und Polizei nehmen einen Bereitstellungsraum ein, die Einsatzmittel des Rettungsdienstes  werden in einem weiteren zusammengeführt. Die jeweiligen Einsatzführungsdienste  sammeln sich primär an der Sonderwache der Polizei. Eine veranstaltungsabhängige Anpassung des medizinischen Einsatzkonzeptes, sowie eine Abstimmung zwischen den beteiligten Fachdiensten und dem Veranstalter führen letztendlich zu einem hohen Sicherheitsniveau.   

 

Dipl. Inf. Bernhard Nowotny vom Bayrischen Roten Kreuz präsentierte Auswertung und Ergebnisse des WM Konzeptes 2006 in Bayern. Zur Betreuung der beiden Spielstätten München und Nürnberg war eine landesweite Ressourcengewinnung notwendig. Gelernt hat man in Bayern aus der Organisation der Hilfeleistungen anlässlich der Oderflut 2002: Hier gab es keine Regelungen und Koordinierungen über die Grenzen der einzelnen Kreisverbände hinaus. Für die WM 2006 rückten alle Hilfsorganisationen in einer AG zusammen, die auch nach den Spielen weitergeführt wurde. In einer landesweiten Verschmelzung der sanitätsdienstlichen Gefahrenabwehr wurde nicht nur eine gemeinsame Stimme gegenüber den Behörden formiert - „diese Stimme wurde nicht immer gern, aber gut gehört“. Eine einheitliche Aufstellung, Ausrüstung und Ausbildung wurde vorangetrieben, die Zusammenarbeit im Einsatzfall geregelt und eine landesweiter Führungskräftepool gebildet. Die Einführung von Standards u.a. bei der Sichtung (mSTART), Transportplanung, BHP 50 und die Bildung von Großeinheiten ermöglichen eine zielgerichtete Gefahrenabwehr. Das gemeinsame Lage und Meldezentrum der bayrischen Hilfsorganisationen wird auch nach der WM weitergeführt, anders als bei der Fluthilfe 2002 können jetzt durch die Bildung eines Gesamteinsatzverbandes gezielt Aufgabenpakete und Kontingente abgerufen werden. So haben die Erfordernisse der Vorbereitung zur WM 2006 in Bayern zu einer landesweiten Reformierung der  med. Gefahrenabwehr geführt – Vorbildfunktion auch für andere Bundesländer.  

 

OKH 16.11.07

 

        

Kapitel

Anlagen
Erstellt am 16.11.2007 09:42  von Oberkinkhaus, Joerg 
Zuletzt geändert am 23.11.2007 11:42  von Friedrich, Harald